Stimmungsbild Südkurve

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Heimvorteil – ohne Fans gäbe es diese Wortschöpfung nicht. Und überhaupt, ein Spiel ohne stimmgewaltige Geräuschkulisse ist sowieso kaum denkbar. Sogenannte Geisterspiele zeigen in aller Regelmäßigkeit eindrucksvoll, welche Stimmung ein stummer Kick verbreitet. Nämlich gar keine. Ganz abgesehen davon, dass ohne zahlende Besucher kein finanzielles Fundament steht – denn auch Bandenwerbung am Spielfeldrand würde ohne Zuschauer natürlich keinen Sinn ergeben. Kurz gesagt: Ohne Fans gibt es keinen Profi-Verein. Grund genug, um diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die ein Fußballspiel zum breiten gesellschaftlichen Ereignis machen. Wir sprachen mit Philipp Uhlig, Vorstandsmitglied des Vereins „Fanszene Chemnitz e.V.“, der seit seiner Gründung im März 2016 versucht, die Interessen aller Fans zu vertreten.

Philipp, bevor wir uns der finanziellen Thematik widmen, lass’ uns zunächst etwas weiter zurückblicken: Fühlten sich die Fans beim Großprojekt Stadionbau ausreichend mitgenommen?

Anfangs auf jeden Fall. Direkt nach Bekanntwerden der Pläne wurde 2011 die „AG Faninteressen“ gegründet, die begleitend zum Bau die Wünsche der CFC-Fans stichpunktartig auflistete. Einige Pläne wie die Kioskgestaltung vor der Südkurve oder der sichtbare Bezug zur Tradition wurden berücksichtigt, der Großteil blieb allerdings ein Wunschgedanke. Vieles war auch gar nicht gewollt. Das größte Thema, das die CFC-Anhänger beschäftigt, ist der Neubau einer Fanhalle. Bislang wurden wir diesbezüglich leider nur vertröstet. Seit der finanziellen Schieflage sind Gespräche dazu sowieso erst einmal auf Eis gelegt.

Gibt es denn zurzeit überhaupt Gespräche zwischen den CFC-Gremien und euch Fans?

Nein. Von einer gesunden Vereins-transparenz sind wir leider weit entfernt. Das war auch der Grund dafür, dass wir unseren Fragen-Katalog Anfang März öffentlich machten. Uns fehlt nach dem Ausscheiden von Dr. Dirk Kall ein neuer Ansprechpartner. Er hatte stets die Fanbelange angehört und unsere Anfragen in die Gremien getragen. Dass er die Reißleine gezogen hat, kann man ihm nicht verdenken, schließlich wurde er innerhalb kürzester Zeit vom kaufmännischen Geschäftsführer zum Insolvenzverwalter.

„Was wir von Stefan Bohne und seinen Verbindungen zu Dynamo Dresden halten sollen, wissen wir ehrlich gesagt noch nicht.”

CFC Kurve

Was hält der „Fanszene Chemnitz e.V.“ vom neuen Vorstand?

Das lässt sich schwer einschätzen, da es aus unserer Sicht an Transparenz und Ehrlichkeit mangelt. Bis wir mit dem Vorstand endlich gemeinsam an einem Tisch sitzen, können wir nur spekulieren. Mit Mathias Hänel blicken wir jedenfalls zuversichtlich in die Zukunft, wobei wir ihn weiterhin kritisch beobachten. Er hat den Verein in den vergangenen Jahren so gut es ging ehrenamtlich geführt, dabei aber einige schwerwiegende Fehler begangen. Bedenklich finden wir dagegen die Personalie Herbert Marquard. Der kaufmännische Geschäftsführer von „eins energie in sachsen“ bringt zwar die finanzielle Kompetenz mit, kennt sich aber im Fußballgeschäft nicht aus. Was wir von Stefan Bohne und seinen Verbindungen zu Dynamo Dresden halten sollen, wissen wir ehrlich gesagt noch nicht. Grundsätzlich können wir aber festhalten, dass wir niemanden vorverurteilen möchten und dem neuen Vorstand die Chance geben, die er verdient.

Wie lange wird dieser Vertrauensvorschuss halten?

Das hängt wahrscheinlich auch von der sportlichen Leistung der Mannschaft ab. Wir hatten bis jetzt zwar nicht das Gefühl, dass sich das finanzielle Thema in den Spielerköpfen festgesetzt hat. Trotzdem steigen mit Blick aufs Saisonende unsere Bauchschmerzen. Was passiert, wenn der Verein den Aufstieg nicht schafft? Kommt es dann im Sommer zum Ausverkauf? Kann der CFC die Lizenz halten? Das sind Fragen, die uns derzeit beschäftigen. Mit Lizenzentzug oder Punktabzug geht es in der Liga ja bekanntlich ziemlich schnell.

Dennoch scheint ihr den Verein bedingungslos zu unterstützen. Stichwort: Spendenkonto.

Das ist leider auch eine Geschichte, die noch nicht abschließend geklärt ist. Die Spendenbereitschaft nach unserem Aufruf war atemberaubend. Fast 50.000 Euro sind zusammengekommen, deren Einsatz mit Herrn Kall abzusprechen gewesen wäre. Wir hoffen nun, dass sich der neue Vorstand bald dazu äußert, was mit dem Geld passieren soll. Uns wäre es am liebsten, wenn die Spenden nicht in einem schwarzen Loch – zum Beispiel für Spieleretats – verschwinden, sondern der Nachwuchsarbeit zugute kommen.

Die Krise hat Fans und Spieler enger zusammengebracht. Könntest du diese Behauptung unterschreiben?

Es lässt sich zumindest eine andere Fankultur im Vergleich zum Vorjahr ablesen. Dass die CFC-Anhänger auch nach einer Heimniederlage noch eine Stunde weiter singen oder sie nach einem verlorenen Auswärtsspiel die Spieler nachts 3 Uhr empfangen, gab es in dieser Form noch nicht. Das alles dient einer positiven Grundstimmung. Wir wollen der Stadt zeigen, dass wir bedingungslos hinter dem Verein stehen und ein Aushängeschild für Chemnitz sein können. Das werden wir uns auch in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin auf die Fahnen schreiben. ■