Die Saison der Superlative

Basketball
Peter Zschage / NINERS

Sie haben schon jetzt die beste Saison in der Vereinsgeschichte gespielt und sind noch nicht fertig. Für Steffen Herhold könnte es deshalb schon bald richtig spannend werden. Der Geschäftsführer der NINERS Chemnitz GmbH muss womöglich in kürzester Zeit die Voraussetzungen für eine Erstliga-Saison schaffen. Geplant war das so nicht, aber…

Du bist seit Dezember da. Glaubst du schon, was gerade passiert?

Die Play-offs waren unser erklärtes Ziel, intern auch ein Tabellenplatz unter den ersten vier, damit wir Heimrecht haben. Und wenn du das dann geschafft hast, kommt natürlich auch das neue Ziel: Halbfinale. Dabei war uns allen klar, dass das nur über die Heimspiele zu schaffen sein würde. Und wie wir nun alle erlebt haben, war das wirklich harte Arbeit gegen eine super gecoachte Mannschaft. Aber wir haben es geschafft, Basketballwahnsinn positiv zu besetzen. Wir haben uns selbst und die Fans schon jetzt belohnt – und egal, wie das weitergeht: Ich bin rundum zufrieden.
Es sollte unsere Konsolidierungssaison sein. Und jetzt ist es die beste Saison aller Zeiten. Das hat viel damit zu tun, dass dieses Team so enorm gut zusammengewachsen ist und Rodrigo Pastore eben einfach ein großer Trainer ist. Die Mannschaft hat nie aufgegeben, auch wenn es manchmal wirklich nicht mehr nach Sieg aussah. Ich meine, es ist nicht immer selbstverständlich, dass jeder im Team die Extrameile geht. Das ist auch nachvollziehbar: Die Saison war lang und intensiv, Kopf und Körper sind nicht mehr frisch…und dann lockt da der Urlaub. Bei uns sind sie trotzdem alle bis an die Grenze gegangen und darüber hinaus. Aber auch die Fans haben nie aufgegeben. Das eine bedingt das andere – das kannst du nicht planen und das kannst du nicht für Geld kaufen. Du kannst nur viel dafür tun…

Und wie wurde nun gefeiert?

Kurz nach dem Spiel haben einige aus der Mannschaft noch gesagt, heute schieß ich mich ab. Aber als wir dann im Diebels saßen, wurde es dann doch ein gepflegtes Bier, ein Wein. Alle wussten, wir sind noch nicht fertig. Diese Professionalität im Team macht vielleicht den Unterschied.


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Steffen Herhold ist gebürtiger Chemnitzer, hat als Kind viele Ballsportarten ausprobiert, aber nichts hat ihn gepackt wie Basketball. Mit der Schul-AG bei Herrn Schütz hat es begonnen. „Einmal kam BG-Trainer Jens Künze mit Matt Linehan zum Training. Da fand ich diesen Sport noch cooler.“ Er blieb dabei und spielte später noch für die BG in der Oberliga. Sein großer Traum war aber ein Job im Sportbusiness, nur kam ihm in dazu gehörigen Studiengängen die betriebswirtschaftliche Seite zu kurz und so entschied er sich konservativ: BWL an der TU Chemnitz. Nach dem Abschluss ging er nach Frankfurt zur renommierten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte und dann in der Konzernrevision der Osram AG. Als das Angebot aus Chemnitz kam, hat er kurz überlegt. Der Vorteil: Er konnte wieder mit Frau und Kindern zusammen leben, die immer hier geblieben sind. „Ich habe meine Entscheidung keine Sekunde bereut. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, aber für mich ist das nicht nur ein Job.“

 

Es ist ja kein Geheimnis, dass eine Erstligasaison frühestens in einem oder zwei Jahren im Plan stand. Was nun wenn?

Ich habe den Lizenzantrag für die BBL selbst zur Post gebracht und dort ein Selfie gemacht, das wir vor dem vierten Spiel nach Trier geschickt haben. Soll heißen, wenn die Jungs das sportlich schaffen, dann dürfen wir das nicht ohne alles probiert zu haben im Vorhinein kategorisch ausschließen. Wir würden an Glaubwürdigkeit verlieren und sehr viel zerstören. Natürlich hätten wir das gern langfristig vorbereitet, aber den Aufstieg zu schaffen und es dann nicht probiert zu haben – das ist undenkbar. Ich meine, wir können nur lernen. Jetzt ist der Antrag gestellt, jetzt kommt auch eine Delegation der BBL zu uns und wir können mit den Verantwortlichen mal direkt im Austausch treten. Das ist ja auch so ein Schritt, um das Selbstbewusstsein aufzubauen: Nein – die erste Liga ist für uns kein Fabelreich mehr. Aber wenn es am Ende finanziell nicht solide darstellbar ist, werden wir kein Himmelfahrtskommando starten. Dafür sind der Club und seine Solidität zu wichtig.

Aber alle Auflagen der BBL kannt ihr doch nicht erfüllen. Beispiel: 3000 Plätze in der Halle…

Das ist die Herausforderung, richtig. Daran wird gearbeitet. Wir stellen uns auch vor, öfter in die Arena umzuziehen, insbesondere für die „Blockbuster“-Spiele. Das sind etwa sieben oder acht Gegner. Wir müssten auch einen Mindestetat von 1,6 Millionen Euro nachweisen – bis 30. Juni! Ist ja auch nicht mehr lange. Wir hatten zwar schon diese Saison das teuerste Team aller Zeiten, aber 1,6 Millionen Euro sind nochmal ein ganzes Stück mehr. An Herausforderungen würde es also nicht mangeln, wenn sich die Jungs gegen die Oettinger Rockets durchsetzen…

Wäre denn unser Kader auch reif für die erste Liga? Oder anders gefragt, gibt es schon Pläne für die Saison 2017/18?

Erstmal bleibt der Trainer bei uns, was schon mal das große Los ist. Aber auch sonst würden wir uns freuen, den Großteil der Mannschaft zusammenhalten zu können. Fast alle deutschen Spieler bleiben. Mit Daniel Mixich verhandeln wir noch. Und natürlich sind wir auch heiß darauf, Joe Lawson und Chris Carter zu behalten. Bei Virgil Matthews hängt es von der Gesundheit ab, aber wenn die Knochen mitspielen, ist auch er für uns unverzichtbar.

Mal angenommen, die NINERS steigen auf. Was sind dann die nächsten Ziele?

Naja – das muss dann auch erstmal Jahr für Jahr gestemmt werden. Aber eine entsprechende neue Halle wäre für uns sehr wichtig. Das meine ich wirklich ernst. Wir leben in einer Großstadt mit einer ordentlichen Wirtschaftskraft. Das sollte nicht illusorisch sein. Das soll auch nicht größenwahnsinnig klingen. Wir wissen sehr wohl, dass wir demütig bleiben müssen. Aber für die Entwicklung des Basketballs in Chemnitz ist das über kurz oder lang unerlässlich.

Und wann werden die Niners dann deutscher Meister?

(Er denkt nach und lächelt dann). Ich denke 2027.

Chemnitz: Basketball-Bundesliga ProA. BV Chemnitz 99 (Niners) vs. Römerstrom Gladiators Trier. Playoffs 3. Runde Joe Lawson. Foto: Peter Zschage